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Baumhalterschaft und Baumhaltervertrag: Ein Überblick

Seit 01.05.2024 ist der neu eingeführte § 1319b ABGB in Österreich in Kraft und schafft eine spezifische gesetzliche Grundlage, um die Haftung für Schäden durch Bäume klarer zu regeln. Diese Neuerung bietet Klarheit in Haftungsfragen und soll ökologisch wertvolle Bäume besser als bisher vor einer voreiligen Rodung schützen. Die Haftung für Verletzungen bzw Schäden durch das Umstürzen eines Baumes oder durch das Herabfallen von Ästen trifft nunmehr ausdrücklich den „Halter“ des Baumes. Baumhalter wird in der Regel der Eigentümer oder auch der Pächter des Grundstücks sein, auf dem sich der Baum befindet. Durch einen Baumhaltervertrag kann jedoch eine vertragliche Übertragung der Halterschaft vorgenommen werden.

Durch einen Baumhaltervertrag kann die Baumhalterschaft samt Haftung übertragen werden
Die Baumhalterschaft bringt gesetzliche Verpflichtungen mit sich

Hintergrund der Neuregelung


Bislang wurde die Haftung für Schäden durch Bäume, etwa durch umstürzende Stämme oder herabfallende Äste, nach der analogen Anwendung der Bauwerkehaftung (§ 1319 ABGB) geregelt. Dabei musste der Baumhalter beweisen, dass er alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen getroffen hatte, um Schäden zu verhindern. Diese strenge Beweislast führte häufig zu Unsicherheiten, Haftungsängsten und präventiven Sicherheitsmaßnahmen wie dem übermäßigen Zurückschneiden oder sogar Fällen von Bäumen. Besonders betroffen waren alte und ökologisch wertvolle Bäume, die aufgrund ihrer Größe oder ihres Alters als risikobehaftet galten.


Mit dem neuen § 1319b ABGB wird die Baumhalterhaftung nun klarer geregelt. Die Beweislast kehrt zurück zur allgemeinen Verschuldenshaftung, wodurch ein Baumhalter nur dann haftet, wenn er seine Verkehrssicherungspflichten – wie regelmäßige Kontrollen oder notwendige Pflegemaßnahmen – vernachlässigt hat.


Der Baumhaltervertrag


Eigentümer oder Bestandnehmer müssen nicht zwingend Baumhalter sein – wollen zum Beispiel Miteigentümer einer Liegenschaft an einzelne Miteigentümer oder Mieter die Halterschaft übertragen (etwa weil Letztere einen besonderen Bezug zum Baum haben), kann dies durch gegenseitige vertragliche Vereinbarung geschehen.


Neben der Übertragung der Halterschaft sollten dabei vor allem auch folgende Punkte mitumfasst werden:


Pflege und Kontrolle von Bäumen:

Die Baumhalter sollten verpflichtetet werden, den Baum regelmäßig zu überprüfen. Dazu können gehören gehören:


  • Optische Kontrollen vom Boden aus (Augenscheinskontrolle),

  • Gutachten durch zertifizierte Baumsachverständige, gegebenenfalls technische Maßnahmen wie Schnittarbeiten oder Stabilisierungen.


Klare Haftungsregelung:

Für Schäden, die durch den Baum entstehen – etwa durch das Umstürzen oder herabfallende Äste – muss der Halter die Haftung übernehmen. Nur dann wird von einer Übernahme der Halterschaft auszugehen sein.


Wollen etwa Miteigentümer eines Wohnungseigentumsobjektes die Halterschaft übertragen, bedarf dies außerdem einer entsprechenden Beschlussfassung, wobei hierfür auch die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zu beachten wären.

 

Ausgleich zwischen Sicherheit und Naturerhalt


Der neue § 1319b ABGB und ein gegebenenfalls abgeschlossener Baumhaltervertrag stehen exemplarisch für einen neuen Ansatz im Umgang mit Haftungsfragen und dem Erhalt von Bäumen. Die gesetzlichen Regelungen schaffen klare Verantwortlichkeiten und setzen auf einen pragmatischen Ausgleich zwischen Sicherheitsbedenken und dem Schutz des Baumes.


Fazit Baumhalter


Der Baumhaltervertrag schafft die Möglichkeit, Dritten die Halterschaft über Bäume zu übertragen, womit diese für den Baum „verantwortlich“ und somit auch allenfalls für Schäden haftbar werden. Damit die bisherigen Halter (in der Regel Eigentümer oder Pächter des Grundstücks) im Gegenzug tatsächlich von einer Haftung befreit werden, sind klare und eindeutige vertragliche Regelungen nötig, und eine sorgfältige Vertragserstellung ist essentiell.


Rechtsanwalt Vertragsrecht


Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier übernimmt die Erstellung von Verträgen und berät Sie gerne zu zivilrechtlichen und haftungsrechtlichen Fragen.

 

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