Im Mai 2023 hat die EU die neue Verordnung 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit (General Product Safety Regulation, GPSR) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Nach einer 18-monatigen Übergangsfrist wird die Verordnung ab dem 13. Dezember 2024 die Richtlinie 2001/95/EG ersetzen und direkt in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft treten.
Die EU-Produktsicherheitsverordnung soll sicherstellen, dass weiterhin nur sichere Produkte in der EU in Verkehr gebracht werden. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und des wachsenden Onlinehandels wurden zusätzliche Anforderungen im Vergleich zur Richtlinie 2001/95/EG eingeführt.
Gültigkeitsbereich der Produktsicherheitsverordnung
Die Verordnung gilt für alle Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht oder bereitgestellt werden, es sei denn, spezifische Unionsvorschriften wie CE-Richtlinien regeln die Produktsicherheit. Ausgenommen sind Arzneimittel, Lebens- und Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, Pflanzenschutzmittel, Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge sowie Antiquitäten.
Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs
Neu in die Verordnung aufgenommen wurden Fulfillment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen als Wirtschaftsakteure. Diese Akteure haben spezifische Pflichten, wie etwa die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit und der Sicherheit von Produkten.
Bewertung der Produktsicherheit
Artikel 6 der Verordnung legt neue Kriterien für die Sicherheitsbewertung von Produkten fest, darunter Produkteigenschaften, Wechselwirkungen mit anderen Produkten, die Aufmachung des Produkts sowie Cybersicherheitsmerkmale und prädiktive Funktionen.
Neue Pflichten für Hersteller
Hersteller müssen nun für jedes Produkt eine Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen, die mindestens zehn Jahre lang aufbewahrt werden müssen. Diese Pflichten ergänzen die bereits in der Richtlinie 2001/95/EG enthaltenen Anforderungen.
Wesentliche Veränderung eines Produkts
Der Begriff der "wesentlichen Veränderung" wurde in die Verordnung aufgenommen. Jede Person, die ein Produkt so verändert, dass dies die Produktsicherheit beeinflusst, gilt nun als Hersteller. Solche Veränderungen können physischer oder digitaler Natur sein und müssen durch eine neue Risikobewertung erfasst werden.
Rückverfolgbarkeitssysteme
Für bestimmte Produkte, die ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit darstellen, kann die Kommission ein Rückverfolgbarkeitssystem einführen. Dieses System erfordert die Erfassung und Speicherung von Daten, um das Produkt und die an der Lieferkette beteiligten Akteure zu identifizieren.
Pflichten im Fernabsatz
Wirtschaftsakteure, die Produkte online anbieten, müssen sicherstellen, dass ihre Angebote bestimmte Informationen enthalten, wie z. B. den Namen des Herstellers, seine Kontaktinformationen sowie Warnhinweise und Sicherheitsinformationen in einer für Verbraucher leicht verständlichen Sprache.
Meldung bei Unfällen
Hersteller sind verpflichtet, Unfälle, die durch ihre Produkte verursacht wurden, unverzüglich den zuständigen Behörden über das Safety-Business-Gateway zu melden. Einführer und Händler müssen den Hersteller informieren, wenn sie von einem Unfall erfahren, der durch ein von ihnen bereitgestelltes Produkt verursacht wurde.
Pflichten von Online-Marktplätzen
Anbieter von Online-Marktplätzen müssen sich beim Safety-Gate-Portal registrieren und sicherstellen, dass interne Verfahren zur Produktsicherheit vorhanden sind. Im Falle eines Rückrufs müssen alle betroffenen Verbraucher benachrichtigt werden, und personenbezogene Daten dürfen für Rückrufe und Sicherheitswarnungen genutzt werden.
Abhilfemaßnahmen bei Produktsicherheitsrückrufen
Im Falle eines Rückrufs müssen Wirtschaftsakteure den Verbrauchern eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anbieten, einschließlich der Reparatur, des Ersatzes oder der Rückerstattung des Kaufpreises.
Die neue EU-Produktsicherheitsverordnung erweitert die Anforderungen an die Produktsicherheit erheblich und adressiert speziell die Herausforderungen des digitalen Zeitalters und des Onlinehandels, um den Schutz der Verbraucher in der EU weiter zu gewährleisten.
Rechtsanwalt Handelsrecht
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Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier berät Sie gerne zu Fragen der Produktsicherheit und den spezifischen Anforderungen der GPSR.