Erfolgreich zum AOC. Wer in Österreich gewerblichen Flugverkehr – egal ob mit Flugzeugen oder Helikoptern – aufnehmen will, benötigt ein Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC). Luftverkehrsunternehmen müssen dazu alle Sicherheits- und Organisationsanforderungen nach europäischen (EASA-) und nationalen Vorschriften erfüllen. Die in Österreich für die Ausstellung eines AOC zuständige Behörde ist die Austro Control. Die folgenden Punkte fassen den AOC-Prozess bei der Austro Control kompakt zusammen.
Rechtlicher Rahmen
Der zentrale Rechtsakt ist die Verordnung (EU) Nr. 965/2012, die detaillierte Betriebsregeln für Commercial Air Transport (CAT) enthält. Ergänzend greift in Österreich das nationale Luftfahrtgesetz (LFG) sowie die Luftverkehrsbetreiberzeugnis- und Flugbetriebs-Verordnung 2008 (AOCV 2008).
Die Austro Control fungiert als zuständige Behörde für die Ausstellung und Überwachung von AOCs. Daneben erfordert die gewerbliche Durchführung von Flügen eine separate gewerbliche Genehmigung (Betriebsgenehmigung nach VO (EG) 1008/2008).

Fünf Phasen zum AOC in Österreich
Die AOC-Erteilung wird von der Austro Control in fünf Phasen abgewickelt:
Pre-Application (Vorbesprechung):
Der Interessent bekundet formlos sein Vorhaben.
In einem Meeting mit Austro Control werden u.a. Umfang, geplante Flotte, Organisationsstruktur, Personal, Training und Zeitplan vorgestellt.
Ziel ist, frühzeitig Klarheit über alle Anforderungen zu schaffen.
Formal Application (Antragstellung):
Der Betreiber reicht das offizielle AOC-Antragsformular ein und nennt die Schlüsselpersonen (Accountable Manager, Nominated Persons).
Spätestens 90 Tage vor geplantem Erstflug müssen alle relevanten Unterlagen eingereicht werden.
Ein vollständiger Satz Dokumente (z.B. Betriebshandbuch, Schulungspläne, Instandhaltungsnachweise) ist entscheidend, um Verzögerungen zu vermeiden.
Document Evaluation (Dokumentenprüfung):
Die Behörde prüft sämtliche Handbücher und Nachweise auf Übereinstimmung mit EASA- und nationalen Vorgaben.
Typische Schwerpunkte (Auszug): Sicherheitsmanagement-System (SMS), Compliance-Konzept, Gefahrgutverfahren, Besatzungsschulung.
Bei Rückfragen oder Mängeln: Verbesserung unter Fristsetzung (ansonsten u.U. Zurückweisung des Antrages!).
Inspection & Demonstration (Inspektion und Nachweisphase):
Audits vor Ort und ggf. Probeflüge zur Überprüfung der praktischen Umsetzung.
Schulungs- und Wartungseinrichtungen, Organisationsabläufe und Notverfahren müssen in der Realität funktionieren.
Alle Beanstandungen sind zu beheben, damit der Prozess fortgesetzt werden kann.
Certification (Zertifizierung):
Nach positiver Bewertung aller Punkte stellt die Behörde das AOC aus.
Gleichzeitig ergehen die „Operations Specifications” (Betriebsvoraussetzungen), die auflisten, welche Flugzeug- oder Helikoptermuster und Spezialbetriebsarten (z.B. HEMS, NVIS, LVO) genehmigt sind.
Das AOC bleibt gültig, solange der Betreiber die Anforderungen einhält.
Das AOC wird dem Antragsteller gemeinsam mit der der Betriebsbewilligung übermittelt (beachten Sie, dass die Ausstellung einer Betriebsbewilligung nach einem eigenen, vom AOC grundsätzlich unabhängigen Verfahren vom Verkehrsministerium abgewickelt wird). Ein gültiges AOC muss im Zeitpunkt der Erteilung der Betriebsgenehmigung vorliegen.
Sondergenehmigungen sowie sonstige Genehmigungen müssen sind im Rahmen des Ansuchens betreffend Ausstellung der Operations Specifications (Betriebsvoraussetzungen) beantragt werden.
Schlüsselthemen im Antragsverfahren (Auswahl)
Betriebshandbücher (Operations Manuals, OM): Diese müssen sämtliche betrieblichen Abläufe, Verantwortlichkeiten und Verfahren ausführlich beschreiben (Normal- und Notverfahren, Schulung, Instandhaltung, Sicherheitsmanagement).
Organisation & Management: Benennung von Postholdern mit ausreichender Erfahrung; Nachweis eines funktionsfähigen Managementsystems (Sicherheitsmanagementsystem – SMS & Compliance); dokumentierte Strukturen (Organigramme, Meldewege), die zum geplanten Betrieb passen.
Personal & Schulung: Qualifikationen von Postholdern, Besatzung und Piloten; Schulungspläne; Einhaltung aller Lizenz- und Musterberechtigungen; Nachweise über Trainer, Prüfer und verfügbare Simulatoren, falls notwendig.
Technik & Wartung: Geregeltes Continuing Airworthiness Management (CAMO) und Wartungsverträge; Lufttüchtigkeitszeugnisse und Ausrüstungsnachweise; Vorgehensweise bei Inspektionen, Meldungen und Defektbehebungen.
Special approvals
Typische Herausforderungen und Tipps
Ein häufiger Stolperstein ist das unterschätzte Ausmaß an Handbucharbeit. Genaue Compliance-Listen und Zwischenschritte können helfen, Fehler zu vermeiden.
Schlüsselpositionen erfordern Berufserfahrung und Branchenkenntnis. Fehlendes Know-how kann das Verfahren verzögern.
Die Sicherheitskultur muss bereits in der Entstehungsphase erkennbar sein. Auf dem Papier beschriebene Prozesse sollten sich in der Praxis widerspiegeln (Implementierung des Sicherheitsmanagementsystems (SMS)).
Von der ersten Interessensbekundung bis zum fertigen AOC können mehrere Monate bis zu einem Jahr vergehen. Behördengebühren, externe Beratung und Personalkosten summieren sich.
Eine enge Abstimmung mit der Behörde ist daher essenziell. Frühzeitige Meetings, klare Protokolle sowie schriftliche Dokumentation und offener Informationsaustausch beugen Missverständnissen vor.
Fazit - Erfolgreich zum AOC
Die Beantragung eines AOC ist ein aufwendiger und komplexer Prozess, der neben technischen und betrieblichen Anforderungen erhebliche rechtliche Aspekte enthält. Ein Anwalt mit Spezialisierung im Luftverkehrsrecht kann nicht nur beratend, sondern auch aktiv in der Kommunikation mit Behörden, der Erstellung von Dokumenten und der Verhandlung von Verträgen unterstützen. Dies reduziert die Gefahr von Verzögerungen im Verfahren und hilft, kostspielige Fehler zu vermeiden.
Anwalt Luftfahrtrecht
Rechtsanwalt Dr. Simon Harald Baier berät zu allen Fragen des Luftfahrtrechts und unterstützt Luftfahrtunternehmen bei der Erlangung eines AOC.